Eines Abends saß ein alter Indianer mit seinem Sohn am Lagerfeuer. Es war dunkel geworden. Die Bäume um sie herum warfen schaurige Schatten und das Feuer knackte und knisterte, während die Flammen in den Himmel züngelten. Der Indianer schaute nachdenklich in die Flammen.
„Das Flammenlicht und die Dunkelheit, sind wie die zwei Wölfe, die in unseren Herzen wohnen.“
Fragend schaute ihn sein Sohn an. Nach einer Zeit des Schweigens begann der Indianer seinem Sohn eine Geschichte zu erzählen.
Er sagte: „In unseren Herzen tobt ein immer währender Kampf zwischen zwei Wölfen.
Der eine, der Schwarze Wolf ist böse. Er ist der Zorn, der Neid, die Eifersucht, Feindschaft und Groll, die Sorgen, der Schmerz, die Gier, die Arroganz, das Selbstmitleid, die Schuld, die Vorurteile, die Minderwertigkeitsgefühle, die Lügen, der falsche Stolz, der Neid, die Gier, die Überheblichkeit, der Egoismus und die Missgunst. Er kämpft mit Lüge, Angst, Ärger, Wut, Zorn, Sorgen, Unterdrückung und Hass. Er ist rachsüchtig, aggressiv und grausam.
Der andere, der weiße Wolf, verkörpert alles was gut in uns ist. Der weiße Wolf lebt von Gerechtigkeit und Frieden. Er ist die Freude, die Liebe, die Hoffnung, die Heiterkeit, die Freundlichkeit, die Demut, die Güte, das Mitgefühl, die Aufrichtigkeit, das Wohlwollen, der Glaube und all das Lichte in uns. Er kämpft mit Vertrauen, Offenheit, Zuneigung, Verständnis, Rücksicht, Großzügigkeit, Dankbarkeit und Aufrichtigkeit. Dieser Wolf ist liebevoll, sanft und mitfühlend.”
Der Sohn schaute nachdenklich in die Flammen des lodernden Feuers. Er dachte über die Worte seines Vaters nach. Nach einer Weile frage er: „Sag Vater, welcher der Wölfe gewinnt den Kampf?“
Der alte Cherokee sah ihn eindringlich an und antwortete: „Der, den du fütterst!”
Nach einer Pause erklärte der Großvater weiter: “Nur bedenke, wenn du nur den weißen Wolf fütterst, wird der schwarze hinter jeder Ecke lauern, auf dich warten und wenn du abgelenkt oder schwach bist, wird er auf dich zuspringen, um die Aufmerksamkeit zu bekommen, die er braucht. Wenn du versuchst, den schwarzen Wolf einfach zu ignorieren”, fuhr der Großvater fort, “so wird er wild und hungrig und hinterlistig werden. Je weniger Aufmerksamkeit er bekommt, umso stärker wird er den weißen Wolf bekämpfen.
Hörst du ihm aber zu und beachtest ihn – mehr ist meist gar nicht nötig – dann ist er glücklich. Rede mit ihm, dann wird der schwarze Wolf ruhig und wir dir seine guten Eigenschaften zeigen.
Das ist die große Herausforderung eines jeden von uns – das innere Gleichgewicht herzustellen.
Denn der schwarze Wolf hat auch wertvolle Qualitäten. Dazu gehören Beharrlichkeit, Mut, Furchtlosigkeit, Willensstärke und großes intuitives Gespür. Aspekte, die Du brauchst in Zeiten, wo der weiße Wolf nicht weiter weiß; denn auch er hat seine Schwächen.
Der weiße Wolf braucht den schwarzen Wolf an seiner Seite. Beide gehören zusammen. Fütterst du nur einen, verhungert der andere und wird unkontrollierbar. Wenn du beide fütterst und pflegst wird es ihnen gut tun und ein Teil von etwas Größerem, das in Harmonie wachsen kann.
Füttere beide und du musst deine Aufmerksamkeit nicht auf den inneren Kampf verwenden müssen. Und wenn es keinen inneren Kampf gibt, kann man die innere Stimme, der alles wissenden Führer hören, die dir in jeder Situation den richtigen Weg deutet.
Frieden, mein Sohn, ist die Mission der Cherokee, ist das Leben. Ein Mann, der den schwarzen und weißen Wolf in Frieden in sich hat, der hat alles. Ein Mann, der in seinen inneren Krieg gezogen wird, der hat nichts. Dein Leben wird davon bestimmt, wie du mit deinen gegnerischen Kräften umgehst. Lass nicht den einen oder anderen verhungern, füttere sie beide und beide gewinnen.“